Der Hüter des Moments

Der Hüter des Moments

„Eine gemeinsame Wanderung schafft Nähe“, ist Peter Schöffel überzeugt. Für unseren Termin muss zwar ein Spaziergang in einem Schwabmünchner Park genügen. Doch aufschlussreich ist die Begegnung mit dem Chef der Schöffel Sportbekleidung GmbH allemal.

 

Ob Zufall oder Assoziation – kaum haben wir die Stufen der Kneipp-Anlage im Luitpoldpark passiert, fällt Peter Schöffel eine Anekdote ein: Ein vierjähriger Junge sitzt auf den Stufen des elterlichen Hauses und kämpft mit seinen Schnürsenkeln. „Komm, lass mich mal schnell“, reagiert sein Vater voller Ungeduld. „Aber warum denn schnell, Papa? Wir gehen doch nur Brötchen holen.“ Die Begebenheit ist beinahe zwanzig Jahre her, und doch erinnert sich der Vater – Peter Schöffel selbst – lebhaft daran. „Mein Sohn Jakob hat mir damals eine Lehre erteilt: Zeit wird umso kostbarer, je weniger wir an sie denken.“ Der Co-Geschäftsführer der Schöffel Sportbekleidung GmbH strahlt gelassene Herzlichkeit aus, obwohl heute drei mehrstündige Termine im Kalender stehen. „Wir haben jetzt und hier die Chance auf ein gutes Gespräch. Was danach kommt, kommt danach.“ Diese persönliche Einstellung der Zeit gegenüber präge auch die Unternehmenskultur. Ein Chef lebe bestimmte Werte vor, ob er oder sie dies wolle oder nicht. „Strahlt die Unternehmensführung Dauerstress aus, überträgt sich das auf die Mitarbeiter. Wenn ich hingegen bewusst vermittle, dass kreative Ideen Raum bekommen, profitieren wir davon menschlich wie geschäftlich gleichermaßen.“ So habe es beispielsweise drei Jahre gedauert, eine Outdoorjacke mit eingebauter Heizung zu entwickeln. Doch das lohne sich: „Mit Produkten wie diesen behüten wir die handverlesenen Momente in der Natur, in denen Menschen ihren Alltag hinter sich lassen.“ Zur Erläuterung beschreibt Peter Schöffel einen Tag in den Bergen: Mal scheint die Sonne, mal frischt der Wind auf, mal fällt Regen. Dieser Wechsel stört aber nicht, weil die Kleidung schützt, ohne zu kratzen, zu drücken oder am Rücken zu kleben. Und nach einer Weile stellt sich meditative Ruhe ein. Kondensiert findet sich dieses Ideal laut Peter Schöffel im Markenclaim wieder. „Ich bin raus.“ – das funktioniere am ehesten bei Sportarten, die Zeit und Muße erfordern. Beispielsweise bei einer ausgedehnten Radtour, an einem Ski-Wochenende oder auf einer Wanderung. „Wir beobachten bei unseren Kunden eine große Sehnsucht nach Bewegung, die schlicht Freude bereitet. Und darauf konzentrieren wir uns.“

Das Credo Höher-schneller- weiter, das viele Menschen bis in die Freizeit verfolge, interessiere das Unternehmen nicht. Wenn Peter Schöffel übers Wandern, Skifahren und Radeln spricht, leuchten seine Augen. „Diesen Job machst du nur gut, wenn du selbst Outdoor-Sport treibst. Sonst verstehst du die Kunden nicht und agierst wie ein Bankkaufmann, der nicht rechnen kann.“ So sei es zwar wichtig, bestimmte Produkte im Windkanal zu testen. Aber ein solcher Laborversuch liefere lediglich Daten, keine Erfahrungswerte. Die kämen vielmehr von den Skilehrern, Sportlern und Bergführern, mit denen die Firma Schöffel zusammenarbeite. Der österreichische Olympiasieger Benjamin Raich beispielsweise habe dabei geholfen, eine Skijacke zu optimieren. Seine Anforderung: „Gestaltet die Abdeckung des Reißverschlusses so, dass ich sie mit Handschuhen im Schneetreiben öffnen und schließen kann.“ Außerdem ergäben sich bei Outdoor-Aktivitäten Bekanntschaften über den Beruf hinaus. „Im Skihang verschwimmen die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit wie von selber“, weiß Peter Schöffel. Schließlich teile man viel Qualitätszeit miteinander. „Das ist ein Vorteil unserer Branche, den ich sehr schätze“, sagt Peter Schöffel. „Benni Raich zum Beispiel ist mittlerweile ein guter Freund der Familie.“


Apropos Familie. Seit fast 220 Jahren stellen die Schöffels in Schwabmünchen Textilien her. Ihre lange unternehmerische Reise führte von Socken und Nachthauben über Herren- und Kinderhosen zur Outdoor-Bekleidung. Und die nächste Generation steht bereit. Denn Peter Schöffels Kinder haben neben der Leidenschaft für den Sport auch die Begeisterung fürs Unternehmen geerbt: Johanna arbeitet im Personalwesen, und Jakob, der seine Schnürsenkel damals unbedingt alleine binden wollte, studiert in Lissabon Betriebswirtschaft. Er wird die Firma übernehmen. Wenn die Zeit reif ist.

 


 
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