"Das größte Risiko ist blinde Ideologie"

"Das größte Risiko ist blinde Ideologie"

Wegen Corona blieb die Blackboxx Fireworks GmbH zu Silvester 2020/21 auf ihren Produkten sitzen. Andreas Voigt befürchtet, dass ein weiteres Ad-hoc-Verbot der Pyro-Branche die Existenzgrundlage entziehen könnte. Die Freude am Feuerwerk drohe an einem Zeitgeist zu ersticken, der echte Probleme mit scheinbaren Lösungen überdecke.

Wir machen es Leuten, die ein illegitimes Interesse an leicht entzündlichen Materialien haben, bewusst so schwer wie möglich.

 

Durch einen Kiefernforst bei Torgau, Nordsachsen, holpert das Auto über Betonplatten, in deren Fugen Gras sprießt. Am Ende des Weges, den namentlich nicht einmal das Navi kennt, warten ein Metalltor und ein Flachbau in filmreifer DDR Ästhetik. Hier sitzt ein Pförtner neben mehreren Monitoren, die Schwarz Weiß Bilder vom rund 120 Hektar großen Gelände übertragen. Im breiten Dialekt der Region nimmt er die  Personalien von Andreas Voigt und seinen Besuchern auf. Wäre der Empfang nicht so freundlich, könnte man sich in einen Agententhriller versetzt fühlen.

»Dieses Waldstück wurde früher militärisch genutzt«, erläutert Andreas Voigt, Co Geschäftsführer der Black boxx Fireworks GmbH. »Heute teilen wir es uns mit einer Firma, die Munition entschärft.« Die damit einhergehenden Sicherheitsvorkehrungen kommen Blackboxx entgegen: Das Familienunternehmen entwickelt und vertreibt Pyrotechnik. Während sich der Hauptsitz Kühnhaide im Erzgebirge schnell recherchieren lässt, bleibt die Ortsangabe des rund 150 Kilometer entfernten ehemaligen Militärgeländes vage. »Wir machen es Leuten, die ein illegitimes Interesse an leicht entzündlichen Materialien haben, bewusst so schwer wie möglich.«

Für die Entwicklung, die Lagerung und den Verkauf von Feuerwerkskörpern gelten in Deutschland sprengstoffrechtliche Auflagen. Laut dem gelernten Pyrotechniker Voigt gehen von einheimischen Produkten deshalb nur geringe Risiken aus. »In mehr als 30 Jahren Firmengeschichte mussten wir genau einen Unfall verzeichnen: Ein Mitarbeiter war gegen einem Stapel Schalungsbretter gestoßen und kurzzeitig bewusstlos.« Ähnlich risikoarm verhalten sich die mehr als 600 Produkte laut Blackboxx in den Händen der Kunden, zu denen neben Profi Feuerwerkern, die bei Volksfesten für Staunen sorgen, vor allem Freunde der Silvesternacht gehören. Die alljährlichen Berichte über Verletzte gingen sämtlich auf fahrlässiges Verhalten oder verbotene Importe zurück. Andreas Voigt: »Verbraucher erkennen minderwertige Ware oft zu spät, zum Beispiel wenn ihnen die Zündschnur bis zum Wumms nur wenige Millisekunden statt sechs Sekunden Zeit lässt.« Auch der Lärm, den die berüchtigten Polenböller machen, sei in Deutschland illegal. »Wir halten uns bei der Entwicklung unserer Produkte an den Grenzwert von 120 Dezibel und unterschreiten ihn oft erheblich.« Zum Vergleich: 120 Dezibel entsprechen in etwa dem Pegel, den ein Orchester im Finale einer spät
romantischen Sinfonie erreicht.

Der gefährliche Ramsch liegt jenseits der Grenze offen auf Verkaufstischen.

 

Aus Sicht von Blackboxx läge es in der Verantwortung der Politik, die Missbrauchsrisiken zu bekämpfen. »Statt Polizisten in Deutschland stichprobenartig Kofferräume kontrollieren zu lassen, muss eine Vereinbarung mit Polen her«, verlangt Andreas Voigt. »Der gefährliche Ramsch liegt jenseits der Grenze offen auf Verkaufstischen.« Auch für die Angriffe auf Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienste zu Silvester 2022/23 könne niemand ernsthaft die Hersteller von Feuerwerkskörpern verantwortlich machen. »Dieses Ereignis verdeutlicht zwei gesellschaftliche Trends, die sich an den anderen 364 Tagen des Jahres ebenfalls beobachten lassen«, analysiert der Unternehmer. Erstens sei die Hemmschwelle gesunken, angestaute Wut gewaltsam abzulassen. Und zweitens reagiere ein Teil der Politik auf komplexe Zusammenhänge mit populistischer Symptomflickerei. »Wenn Randalierer statt Böllern Steine auf Menschen werfen, verbieten wir dann als Nächstes die Steine?«, fragt Andreas Voigt. Die gleiche blinde Ideologie stecke auch hinter dem Argument, Silvesterfeuerwerk müsse wegen des freigesetzten Feinstaubs verboten werden. »Die Belastung durch Silvesterfeuerwerk hat bei einer bundesweiten Messung in nur sechs Städten kurzzeitig Grenzwerte überschritten«, stellt der Unternehmer klar. Aufs Jahr gerechnet sei der Anteil ohnehin zu vernachlässigen. Außerdem seien die Schwefelpartikel aus Silvesterraketen harmlos, weil sie sich schnell an die natürliche Luftfeuchtigkeit binden.

Unsere Firma ist eine über viele Jahre gewachsene Erfolgsgeschichte, und ich möchte nicht ständig über das mögliche Ende nachdenken.

 

Aus Sicht von Andreas Voigt besteht das Risiko deshalb nicht in der Tradition des Feuerwerks, die für viele Menschen zum Leben gehöre. Für ihn liegen die eigentlichen Risiken in der vergifteten Debatte. In einer der drei Lagerhallen, die Blackboxx bei Torgau unterhält, zeigt der Unternehmer nach oben. »Wir haben die Ware rausgeräumt, weil wir das Dach erneuern müssen. Kostenpunkt: 70.000 Euro.« In Kühnhaide, fährt der Unternehmer fort, plane die Geschäftsführung ein neues Bürogebäude für 600.000 Euro. Jeder Produktinnovation, die Blackboxx auf den Markt bringe, gingen bis zu 200.000 Euro Entwicklungskosten voraus. »Darauf bleiben wir sitzen, wenn uns von heute auf morgen die Geschäftsgrundlage wegbricht«, sorgt sich Andreas Voigt und wünscht sich von der Politik vor allem eines: Planungs und Rechtssicherheit, um den Betrieb gegebenenfalls umstrukturieren zu können. »Unsere Firma ist eine über viele Jahre gewachsene Erfolgsgeschichte, und ich möchte nicht ständig über das mögliche Ende nachdenken.« Hoffnung gibt dem  Unternehmer die nächste Generation: Sein 26 jähriger Sohn David möchte die Blackboxx Fireworks GmbH irgendwann weiterführen – trotz aller Risiken.

Zur Person

Andreas Voigt

Wie funktioniert eine Silvesterrakete? Was macht illegale Produkte so gefährlich? Diese Fragen beantwortet Andreas Voigt, wenn Schulklassen ihn in den Chemieunterricht einladen.

 

Das Unternehmen

BLACBOXX FIREWORKS GMBH

Branche: Pyrotechnik
Gründungsjahre: 1991
Mitarbeiterzahl: 16
Umsatz: Zwischen drei und vier Millionen Euro

 


 
Partner
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