»Gehen Sie nie in ein Casino, um zu gewinnen.«

»Gehen Sie nie in ein Casino, um zu gewinnen.«

Der 36-jährige Christoph Boo erklärt, wie der Alltag in einem Casino aussieht und warum er auf keinen Fall in Las Vegas arbeiten will.

Herr Boo, wie wird man Croupier?
Ganz klassisch durch eine Ausbildung. Dabei lernt man zunächst alle nötigen Fertigkeiten, um das Spiel zu leiten und darf dann an den Tischen dealen. Durch Erfahrung und das Erlernen von weiteren Spielen wird man dann Stück für Stück zu einem professionellen Croupier. Ich habe 2009 meine Arbeit als Physiklaborant aufgegeben, mich auf eine Ausbildung im Grand Casino Basel beworben und arbeite seit der Eröffnung 2012 im Casino Zürich.

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?
Der übliche Spätdienst beginnt um 20 Uhr. Kurz vorher treffe ich im Casino ein und ziehe mich um. Wir arbeiten zwar nicht mehr in Frack und Fliege, aber Hemd und Weste gehören nach wie vor zur Uniform. Anschließend teilt mein Chef mich an einen der Spieltische ein, der regelmäßig und mit Pausen gewechselt wird. Dieser Ablauf wiederholt sich bis zum Feierabend um 5 Uhr morgens .

Da begegnen Ihnen ja bestimmt allerlei unterschiedliche Leute.
So ist es. Bei Schichtanfang weiß man nie, wem man im Spielsaal begegnen wird. Vom gerade erst volljährigen Gast bis zum 97 jährigen Rentner trifft man Leute jeder Herkunft, jeden Geschlechts und jeden Berufs. Reiche stehen neben Geringverdienern und spielen nach denselben Regeln. Sie alle aber verbindet der Reiz am Glücksspiel.

Ihrer Erfahrung nach: Wer ist am risikobereitesten?
Das kann ich so pauschal nicht beantworten. Wer im Casino dem Glücksspiel frönt, ist grundsätzlich risikobereit. Wenn jemand mehr Geld einsetzt, kann das auch einfach bedeuten, dass er mehr Geld besitzt. Was sich aber sagen lässt ist, dass mehr Männer als Frauen ins Casino kommen

Sie haben im vergangenen Jahr die European Dealer Championship gewonnen. Herzlichen Glückwunsch!
Danke. Bei der Europameisterschaft testen Casinofachleute die Fähigkeiten der Croupiers. Dabei zählen Gastfreundschaft, Fingerfertigkeit (z. B. das Stapeln von Chips) und Spielkontrolle. Am Roulettetisch wurde ich speziell für meine Spielkontrolle gelobt, am Blackjacktisch hat mir ein Juror sogar die Höchstnote in allen drei Kriterien gegeben. Am Ende habe ich mit einem guten Auftritt und dem nötigen bisschen Glück den Pokal gewinnen können.

Was ist die höchste Summe, die jemand an Ihrem Tisch gewonnen oder verloren hat?
Ich habe einem Gast am Roulettetisch mal 136.000 Schweizer Franken Gewinn in einem einzigen Spiel ausbezahlt. Dafür gab es dann auch 1.000 Franken Trinkgeld. Noch höhere Auszahlungen gibt es nur selten. Die Verluste pro Spiel sind normalerweise viel geringer und verteilen sich dann über viele Spiele.

Welche ist die verrückteste Geschichte, die Ihnen bisher passiert ist?
Oh, da gibt es viele! Welche davon die verrückteste ist, ist schwer zu sagen. Leider habe ich auch den Überfall auf das Casino Basel 2010 miterlebt. Meistens sind die Erlebnisse aber positiv. Einmal setzte ein Highroller (ein Spieler, der hohe Einsätze tätigt) beim Roulette viel Geld auf viele Zahlen. Noch während die Kugel lief, setzte ein anderer Gast 30 Franken auf unbespielte Zahlen. Der Highroller beschimpfte den Gast, warum er denn gegen seine Zahlen spiele. Verständlicherweise wich der Gast verängstigt zurück. Der Highroller gewann in diesem Spiel einen beträchtlichen Betrag und schenkte dem anderen Gast als Entschuldigung 400 Franken. Das war mehr, als er mit seinen 30 Franken hätte gewinnen können.

Gehen Sie auch in Ihrer freien Zeit ins Casino, oder haben Sie andere Hobbys?
In meiner Freizeit bin ich Zauberkünstler und Gleitschirmpilot. Das Spielen lasse ich mir aber nicht ganz nehmen. Ein bis zwei Mal im Jahr mache ich einen Kurzurlaub im Ausland und verbringe diese Zeit hauptsächlich an den Spieltischen des örtlichen Casinos.

Würden Sie sagen, dass Sie besser darin sind, Risiken im Alltag richtig einzuschätzen, weil Sie Croupier sind?
Ich bin grundsätzlich ein eher logischer Mensch. Allein deshalb kann ich Alltagsrisiken besser einzuschätzen. Und eigentlich würde ich den Satz lieber umdrehen und sagen, weil mich Wahrscheinlichkeiten interessieren, bin ich Croupier geworden.

Gibt es einen Traumarbeitsplatz für einen Croupier? Zum Beispiel einmal im Leben Las Vegas?
Ich war schon einmal in Las Vegas. Dort arbeiten möchte ich aber nicht. Die Löhne sind gering, die Trinkgeldabhängigkeit groß und dazu kommt, dass dieser Beruf dort auch nichts Spezielles ist – da ist mir die Schweiz lieber!

Haben Sie eine Empfehlung für den nächsten Besuch im Casino?
Gehen Sie nie in ein Casino, um zu gewinnen, sondern um etwas zu erleben – und kommen Sie mit einem Betrag, den Sie bereit sind zu verlieren. Mit dieser Einstellung sind Sie am Ende auf jeden Fall ein Erlebnis reicher.

Zur Person

Christoph Boo

war schon immer von Spielkarten fasziniert. Also wurde er 2009 Croupier und ist diesem Beruf seit über 13 Jahren treu geblieben. 2022 wurde er in Monte Carlo zum European Dealer Champion gekürt.

 


 
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